21.12.10

ich bin

unaufhaltsam
über dich hinweg
mit den pfennig
absätzen zwischen deinen

zahnlücken ist mein
herz dabei erstickt
Kleines Solo
Einsam bist du sehr alleine.
Aus der Wanduhr tropft die Zeit.
Stehst am Fenster. Starrst auf Steine.
Träumst von Liebe. Glaubst an keine.
Kennst das Leben. Weißt Bescheid.
Einsam bist du sehr alleine -
und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.

Wünsche gehen auf die Freite.
Glück ist ein verhexter Ort.
Kommt dir nahe. Weicht zur Seite.
Sucht vor Suchenden das Weite.
Ist nie hier. Ist immer dort.
Stehst am Fenster. Starrst auf Steine.
Sehnsucht krallt sich in dein Kleid.
Einsam bist du sehr alleine -
und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.

Schenkst dich hin. Mit Haut und Haaren.
Magst nicht bleiben, wer du bist.
Liebe treibt die Welt zu Paaren.
Wirst getrieben. Mußt erfahren,
daß es nicht die Liebe ist ...
Bist sogar im Kuß alleine.
Aus der Wanduhr tropft die Zeit.
Gehst ans Fenster. Starrst auf Steine.
Brauchtest Liebe. Findest keine.
Träumst vom Glück. Und lebst im Leid.
Einsam bist du sehr alleine -
und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.


Erich Kästner

20.12.10

Lieber Unbekannter es sind die Menschen. Natürlich sind es die Menschen.
Es gibt da diese Sehnsucht, sie ist womöglich natürlich, ich bin da kein Experte, jedenfalls zwingt mich diese Sehnsucht Dinge zu tun, die ich nicht will.
Ich will damit sagen, sie knipst den freien Willen an und aus, völlig beliebig, launisches Etwas, wenn ich Selbstgespräche führe, rede ich eigentlich mit ihr.
Aber psst, das bleibt unser Geheimnis, sie braucht davon nichts zu erfahren, die anderen halten mich für ein wenig seltsam.
Wohin wenn nicht weiter. 
Wann wenn nicht heute.
Worauf zielt der Stillstand eines Traumes, der gestern verstarb. 
Die Toten darf man nicht wecken. 
Das Übrig gebliebene kehrt niemals um. 
Blickt nicht zurück. 
Greift nicht ins Geschehen ein. 
Ist der Anfang eines halbfertigen Gedankens, 
der müde gedacht eine Ecke des Raumes bedeckt.

18.12.10

Liebes Dr.Sommer-Team, 
kann man von Deep Throat eine Mandelentzündung bekommen ?
Höhe, Profil, Kapazität, Horizont, Ausdehnung, Machtbereich, Länge, Volumen, Bedeutung, Qualität, Ausbreitung, Einflußgebiet, Größe, Umfang, Maß, Grad, Stärke, Radius, Breite, Nähe, Reichweite, Bereich, Form, Ernst, Tragweite, Einflußsphäre, Größenordnung, Umkreis, Format, Niveau, Aktionsradius, Wirkungsbereich, Dimension, Gesichtskreis, Tiefe,
Ausweitung, Fassungsvermögen, Ferne, Ausbau, Weitläufigkeit, Erstreckung, Erweiterung, Distanz, Abstand, Vergrößerung, Fülle, Körperfülle, Abmessung, Rauminhalt, Endlosigkeit, Entfaltung, Ausmaß, Expansion, Fassungskraft, Entfernung, breite begrünte Straße, Nachtrag, Spannweite, Dichte, Verlängerung, Aufnahmefähigkeit, Raum, Verbreiterung, Geräumigkeit.


all dies.

14.12.10

Manchmal wünscht man sich eine Auszeit. 
Eine Beziehungspause. Eine doppelte Einsamkeit, die die Einfache noch übertrifft.
Eine doppelte, dreifache Einsamkeit, die nicht zu hinterfragen ist.
Hinter deren Fassade man nur eine weitere Fassade findet.
 

Ein einhalb Jahre mit mir selbst.
Ein Beziehungsloch. Eine Ernüchterungszelle.
Der Spiegel zwinkert mir zu.
Heute malte ich einen Umriss auf die glatte Fläche.
Er wollte nicht zurückzwinkern.
Meine Hand bohrt sich in die eigene Schulter.
Die klammen Finger sind doppelt so klamm auf mir selbst.
Ich schließe die Türe. Sie macht kein Geräusch. Ich öffne die Türe. Sie macht kein Geräusch. Ich schmeiße die Türe zu.
Vielleicht wenn man die Augen zusammen kneift verwackelt das eigene Bild so sehr, dass jemand sich zusammen setzt, ähnlich einem Foto. Ein Foto, welches man nur aus der Ferne ganz betrachten kann. Aus der Nähe sieht man jedes einzelne kleine Bildchen. Jede einzelne kurze oder lange Geschichte.
Aus der Ferne ein Komposition, von der man sich zu hastig lösen kann. Es gibt zu viele.
Ich spüre mich. Ich spüre mich nicht.
Der andere würde mir bloß meine Nächte stehlen.
Ich fahre Karussell und werfe die Münzen selber ein.
Immer lege ich meine Wange auf den Plastikkopf des Pferdes, steige ab, mache, dass es sich weiter dreht, stelle mir jemanden vor, den ich nur von hinten sehen kann.
Im Inbegriff sich zu verabschieden, seine Wirbelsäule gewölbt, wie ein sachter Aufstieg. Und doch rutscht man von oben nach unten. Von oben nach unten. Ein Leb wohl nicht in der Verpackung enthalten, man denkt es sich dazu.
Man stellt es sich leise vor, eine zärtliche Silbe zwischen den beiden Worten verborgen.
Ich stelle es mir lang anhaltend vor, als würde die Ampel an der leeren Kreuzung in einer ausgestorbenen Stadt nicht auf Grün schalten wollen. Die zuckenden Finger preschen vor und zurück, warten tun sie ja doch, sie spielen nur ein wenig, sie tänzeln.
Wie man so tänzelt in einem Moment der absoluten Klarheit, der endgültigen Singularfunktion, der vollkommenen Gewissheit den Rückspiegel nicht benutzen zu dürfen.
Ich habe das Auto stehen lassen und bin zu Fuß weiter gegangen.
Stehen bleiben gilt nicht mehr.
Stehen bleiben bedeutet zurückschauen zu können.
Zurückschauen bedeutet sich zu erinnern.
Sich zu erinnern bedeutet sich Fragen zu stellen.
Fragen zu stellen bedeutet bloß keine Antworten zu bekommen.
Stehen bleiben gilt also nicht mehr.

Es gibt diese Momente. Die Luft wird dünn.
Die Diplomatie hat man alleine mit einer Schaufel in sich hinein gestopft. Die sachlichen Ratschläge gleichen einem Baugerüst.
Man hat es zu lange nicht mehr betreten.
Die Hände streichen durchs verlorene Haar.
Ein Lächeln kriegen die Lippen gerade so noch hin.
Ein Lächeln nur. Es ist nicht von Dauer.
Aber die Rolle des Beobachters sitzt, wie angegossen.
Sicherheit umspielt die Mundwinkel.
Zwischen Kopf und Herz herrscht eine Art stilles Abkommen.
Sie laufen sich nicht mehr über den Weg. Der Weg ist zu Fuß nicht mehr zu schaffen. Das Auto steht schon lange nicht mehr da.
Man sucht auch nicht mehr danach.
Ein inneres Abwarten ist nicht mehr zuzugeben.
Nur die Uhr tickt unaufhörlich laut, tick tack, mach dass es sich weiterdreht, tick tack, mach dass es sich weiterdreht.
Es dreht sich ja weiter.
Es dreht sich ja weiter und man selbst dreht sich unaufhörlich mit.

Manchmal wünscht man sich eine Auszeit. Eine Beziehungspause. Eine doppelte Einsamkeit, die die Einfache noch übertrifft. Eine doppelte, dreifache Einsamkeit, die nicht zu hinterfragen ist.
Hinter deren Fassade man nur eine weitere Fassade findet.
Den Körper umstülpen zu können, wie eine zweite Haut, eine Maske die man trägt die plötzlich ein anderes Gesicht zeigt, deren Gewohnheiten man noch nicht kennt, deren Geheimnisse noch geheim sind, deren Routine keine Routine ist und vielleicht nie eine wird, weil man es diesmal besser machen kann.
Manchmal zieht man ein anderes Kleid an, eine Farbe, die fremd aussieht, eine neue Frisur, die einen unkenntlich werden lässt, man geht in andere Clubs, verteilt die Blicke in einer wechselnden Rangordnung auf den ganzen Raum, bewegt sich ekstatisch anstatt zögernd, bestellt einen exotisch klingenden Cocktail und raucht sogar eine andere Marke.
Und doch, da ist es wieder. Da ist es wieder, das eigene selbst, in keinem anderen Kleid wird es zur Neuware und beinahe möchte man in schallendes Gelächter ausbrechen, in spöttisches Gelächter und die Beine bewegen sich geräuschlos durch die geleerten Straßen.
Man hat dazu gelernt. Der Herzschlag verursacht ein Echo im Brustkorb. Eine Implosion. Eine Lautlosigkeit. Eine Ahnung.
Die doppelte Einsamkeit vereinfacht sich wieder oder hat sich eigentlich niemals verdoppelt.

Es gibt diese Möglichkeiten, die sich manchmal ergeben, man könnte vom Plastikpferd abspringen, man könnte.
Die tickende Uhr verlangsamt sich, aber die Arme wandern, wie von selbst zum Münzschlitz zurück und alles geht rasend schnell, der Rücken erscheint.
Die Wiederholung einer Wiederholung, die einen lähmt.
Man macht, dass es sich weiter dreht.
Solange bis das Geld ausgeht.


Aus der Ferne zeigt man mit dem Finger auf einen winzigen Punkt. Das bin ich, sagt man.
Irgendwann vielleicht wandert der Finger von unten nach oben weiter. Und das bist du.

01.12.10

hauptstadtgetummel

licht.

so let the sun shine, let it come
to show us that tomorrow is eventual
we know it when the day is done

so let the sun shine
so let the sun shine